Lieblingszeilen

So viele verschiedene schwarze Halbkreise, Striche und Punkte die auf dem weißen oder beigen Hintergrund zu schweben scheinen. Alle in einer anderen Höhe und Größe. Zunächst scheinen sie komplett einheitlich zu sein. Doch je näher man blickt desto unterschiedlicher wirken sie. Wirken auf Geist und Seele. Geruch. Lassen einen zurück in einem Gefühl der Glückseligkeit, der Freude, Nachdenklichkeit oder aber auch in Ungewissheit. Ungewissheit darüber, wie die Realität sich entwickelt. Man kann sich hinter jeder Zeile verstecken, dem trüben Tag entfliehen, die negativen Gedanken ignorieren. Und wenn das Paradies einen wieder ausspuckt fällt es umso schwerer davon loszukommen.

Kindertagen. Leicht unbesorgt, voller Freiheiten direkt in der Natur. Das Leben spielte sich zwischen Straße, Nachbarn, Bauernhöfen und Wiesenstücken ab. Immer aktiv, aber nie weiter als Frankreich, Österreich und Dänemark. So spiegelte das auch die von mir bevorzugte Literatur wider. Immerzu schwedische Märchen von Familie und Freuden. Die Charaktere schienen so normal und dennoch speziell. Die Heldin meiner Kindheit bildete Lotta aus der Krachmacherstraße, die fast alles konnte als wie auch die tolle Gemeinschaft in Bullerbü oder in dem kunterbunten Haus der starken und selbständigen Pipi. Astrid Lindgren zeichnete eine Idylle der schwedischen Ortschaften und hat mich immerzu zum Träumen angeregt. Und jedes Mal wenn ich im Wald unterwegs war, stellte ich mir vor mit langen schwarzen krausen Haaren durch das Unterholz zu schweben und über Moosflächen zu schleichen wie Ronja Räubertochter. Alle Vorstellungen geleitet von Unabhängigkeit und Selbständigkeit und nicht überraschend immerzu mit Mädchen identifizierend.

Nach dem Lesen der Tintenherz-Triologie wagte ich es kaum mehr ein Buch aufgefaltet liegen zu lassen, sodass es beim Aufschlagen genau dort wieder automatisch auffaltete. Jeder Knick bedeutete eine Verletzung von etwas Bedeutendem, keine Eselsohren, keine Notizen hineinschreiben um es so unversehrt wie möglich zurückzulassen.

Und dann kam die Zeit der Krimis. Plots manchmal schnell und manchmal weniger schnell durchsehbar. Immerzu dampfte das Gehirn im Dauerlauf, um den Täter vor den Zeilen auszumachen. Dem vom Autor vorgeschriebenen Gedankenverlauf der Charaktere immer einen Schritt voraus zu sein. Endlose Nächte geprägt vom Weiterblättern, in der Hoffnung auf der nächsten Seite die Erkenntnis zu bekommen, die einen weiterhin wachhält. Spannender als jeder einstündige Spielfilm. Und die Szenerien waren einmalig. Es lässt einen zu der eigenen Drehbuchautorin werden. Vorstellung und Phantasie anregend und in eine andere Welt schlüpfen aus der man nicht mehr heraus möchte. Trotz schweißnasser Füße möchte man sich noch nicht ins Land der Träume verabschieden. Man schiebt den Gedanken des am nächsten Morgen klingelnden Weckers in Weite Ferne, um noch länger in der Phantasiewelt gefangen zu sein. Gebannt und sich verlierend. Anfangs in den deutschen Straßen und Naturlandschaften. Später in Großstädten der USA und nicht zuletzt in Venedig durch Donna Leon. Mit dem Commissario Brunetti in der Hitze schwitzen, Wein trinken, auf Bootend durch den Kanal schippern und das dolce Vita trotz eines Mordes genießen. Wer würde denn dabei nicht auf die Idee kommen Kommissarin werden zu wollen? Düstere Erzählungen über Harry Hole und Makells Wallander trübten ein solches Vorhaben, konnten keinen Helden hervorheben und verwiesen auf die dunklen Winter der nördlichen Länder. Und dennoch trieb es mich in den Bann und es blieb es nie bei dem ersten Band.


Aus der Welt hinein in die 20er oder 30er Jahre. In einem Buick durch die Straßen Berlins bretternd auf der Suche nach Verbrechern. Ringvereine die einem das Leben schwer machen und beeindruckt fast hingezogen zu Frauen die sich hin zur Selbständigkeit entwickeln, raus aus den Ketten des Hausfrau Daseins. Vor dem Auge ebnen sich die Straßen, ergraut sich der Himmel, Hausfassaden werden älter und es ändern sich die Zeitungsständer und die gekauften Zigarettenschachteln. Prioritäten ändern sich und Kämpfe der roten Kommunisten in Neukölln und von Russen dominierten Nachtclubs entlang des Kudamms erzählen von anderen Tagen die die Berliner Kieze prägten.

Gerechtigkeit. Suter wiederum lädt zum Nachdenken an über Gerechtigkeit. Das eigene Handeln mehr in Frage stellend die Welt betrachten und durch die Welt zu gehen. Das Leben schuldet einem nichts, und die Dinge passieren, wie sie passieren. Manchmal gerecht, so dass alles einen Sinn ergibt, manchmal so ungerecht, dass man an allem zweifelt. Und schließlich findet sich vieles im Zufall wieder.

Inspirierende Persönlichkeiten wie Mandela, Buddhas Enkel, die Obama Familie, Eleanor Roosevelt oder die erste Präsidentin Liberias. Geschichten aus anderen Welten über die Sitten in Afrika, eintauchend in die Vergangenheit und den Wandel der arabischen Länder durch Ulrich Kienzle, dessen Erzählungen leichter und reeller schienen als achthundert Seiten Orientgeschichte des Arabers. Bedeutung von Familie und Gesundheit, füreinander da sein und füreinander einstehen. Bergsteigergeschichten über den Himalaya ließen mich ganz anders auf Scheitern und Urteile sowie auf die Unberechenbarkeit der Naturgewalten blicken. Personen gezeichnet vom Leben und Geschehen der Welt. Den eigenen Überzeugungen folgend. Rassismus und Sprache, Sprache und Sein

Vom Ende der Einsamkeit. Als ich den Titel zum ersten Mal las musste ich an die Vielzahl meiner Reisen denken. Freunde und Freundinnen die nie allein Reisen könnten so erzählten sie mir. Und doch spürt ich, dass allein sein, allein Reisen nicht mit Einsamkeit gleichzusetzen sind. Manchmal ist man allein aber nicht einsam und manchmal hat man viele Begegnungen, aber fühlt sich einsam.

„Sieh dich an, dachte ich, was sehnst du dich in Gesellschaft so oft danach, allein zu sein, wenn du das Alleinsein kaum noch aushältst?”

Ich genoss jede Gesellschaft und Begegnungen bereicherten meine Perspektive auf Dinge und Ereignisse.
Von Begegnungen und dem Schicksalsbegriff, den eigene Begabungen und Fähigkeiten, diese zu nutzen sich zu eigen zu machen.

“Um sein wahres Ich zu finden, ist es notwendig, alles in Frage zu stellen, was man bei der Geburt vorgefunden hat. Manches davon auch zu verlieren, denn oft lernt man nur im Schmerz, was wirklich zu einem gehört… Es sind die Brüche, in denen man sich erkennt.”

“Als junger Mensch hatte ich das Gefühl, ein anderes, falsches Leben zu führen. Noch stärker als meine Geschwister habe ich mich gefragt, wie sehr mich Ereignisse aus meiner Kindheit und Jugend bestimmt haben, und erst spät habe ich verstanden, dass in Wahrheit nur ich selbst der Architekt meiner Existenz bin. Ich bin es, wenn ich zulasse, dass meine Vergangenheit mich beeinflusst, und ich bin es umgekehrt genauso, wenn ich mich ihr widersetzte.”

Bestimmung. Wie Wells schrieb:

“In meinem Innern ahnte ich, dass ich vom Weg abgekommen war. Das Problem war nur, dass ich nicht wusste, wann und wo. Ich wusste nicht mal mehr, von welchem Weg.”

Der Mönch in Myanmar, der sehr daran interessiert ist, die Welt zu verstehen, Kulturen zu verstehen. Liest viele Schriften und versucht, sie zu verstehen. Er nimmt Englischunterricht, um die Welt zu verstehen. Welche Worte wählen und andächtig versuchen, den Sinn des Lebens zu verstehen. Aber vielleicht ist das auch gut so, denn vielleicht findet die Berufung uns ja. Im Nachhinein macht alles Sinn. Der Tag, der Sonnenaufgang, der Mönch, das Kloster und die unberührte Landschaft und Pagoden. All die Begegnungen in diesem Moment zu dieser Zeit. Viele Gespräche, die nachklingen. In sich selbst ruhen im eigenen Sein und sich der Sinnfrage direkt stellen. Was ist einem eigentlich wichtig im eigenen Leben.
Wie Coelho schrieb:

„Ich kann mein Schicksal kontrollieren, aber nicht meine Bestimmung. Schicksal bedeutet, dass es Möglichkeiten gibt, rechts oder links abzubiegen, aber Bestimmung ist eine Einbahnstraße. Ich glaube daran, dass wir alle die Wahl haben, ob wir unser Schicksal erfüllen, aber unsere Bestimmung ist besiegelt.“


In Gedanken. Versunken in den Lebensphilosophien des Alchemists. Paulo Coelho’s philosophische Anekdoten an das Leben und den Menschen. Das Selbst- und Weltverständnis. Er lässt etwas Magischen, Zeichen und Wunder ersehen oder sie zumindest für möglich halten.

„Alle Menschen haben immer genaue Vorstellungen davon, wie wir unser Leben am besten zu leben haben. Doch nie wissen sie selber, wie sie ihr eigenes Leben am besten anpacken sollen.“
„Wenn man auf ein Ziel zugeht, ist es äußerst wichtig, auf den Weg zu achten. Denn der Weg lehrt uns am besten, ans Ziel zu gelangen, und er bereichert uns, während wir ihn zurücklegen.“

„Es gibt nur eine Möglichkeit zu lernen – entgegnet der Alchimist – und das ist durch Handeln. Alles was du wissen musst hat dich die Reise gelehrt.“

„Jeder Moment des Suchens ist ein Moment der Begegnung. Während ich meinen Schatz suchte, waren alle Tage erfreulich, denn ich wusste, dass mich jede Stunde meinem Traum näherbrachte. Während ich meinen Schatz suchte, entdeckte ich Dinge auf meinem Weg, von denen ich nie geträumt hätte, wenn ich nicht den Mut gehabt hätte, Dinge zu versuchen, die Hirten sonst versagt bleiben.“

„Vergiss nie, dass alles ein Ganzes ist. Vergiss die Sprache der Zeichen nicht. Und voe allem vergiss nicht, deinen persönlcihen Lebensweg zu Ende zu gehen.“

„Du musst Risiken eingehen. Wir verstehen erst dann komplett das Wunder des Lebens, wenn wir dem Unerwarteten erlauben, zu passieren.“

„Sag deinem Herz, daß die Furcht vor dem Leiden schlimmer ist, als das Leiden selbst (…) und dass noch nie ein Herz auf der Suche nach seinen Träumen gelitten hat, weil jede Sekunde der Suche eine Sekunde der Begegnung mit Gott und der Ewigkeit ist.“
“Je näher man an seinen Traum herankommt, umso mehr wird der persönliche Lebensweg zum eigentlichen Lebensziel”, dachte der Jüngling.

„Wenn alle Tage gleich sind, dann bemerkt man auch nicht mehr die guten Dinge, die einem im Leben widerfahren.“
„Erinnere Dich daran: Wo auch immer Dein Herz ist, wirst Du Deinen Schatz finden.“